Zyklische Bewegungen und Kreisläufe von Werden und Vergehen zeigen sich mannigfaltig in der Geschichte der Kunst, ihren Sujets und Materialtraditionen. Am Motiv der Sonnenblume entspannt Jens Rausch aktive Vanitas-Prozesse und widmet seine Werkserie der Experimentierfelder einer außergewöhnlichen Verwebung von Motivgeschichte und transformativen Materialdynamiken. In seinen künstlerischen Experimenten dekodiert Jens Rausch komplexe Gefüge mit basalen Mitteln und schafft mit ephemeren, von Zufall und Transformationsprozessen charakterisierten Mitteln einbesonderes Memento Mori.

Der Fokus liegt auf den verwobenen Prozessen, die sich in der Kombination des künstlerischen Materials, Zufall, Zeitlichkeit, Prozessualität, Rauschs künstlerischem Dialog mit dem Werk sowie seiner Titel ergibt. Dabei changiert das Materialrepertoire unter anderem zwischen Feuer, organischen Extrakten aus Sonnenblumen und oxidierenden Werkstoffen. Ähnlich wie die von Morbidität gekennzeichneten Motive ist auch den Materialien die aktive Prozessualität ureigen. Im Umgang mit ihnen geht Rausch von einer hierarchiefreien Wertzuschreibung an die Materialien aus. Sowohl die positiven als auch die negativen Gestaltungselemente der Malerei zählen zu seinen motivischen und stilistischen Mitteln. Dies zeigt sich in der gemalten Fehlstelle ebenso eindrucksvoll wie beispielsweise in der Ausbildung von Bildbestandteilen durch zufallsbedingte Oxidationen.

Mit der Ausbildung von Anti-Raum als neuem Zyklus zwischen Energiegewinnung und Verbrennung, zwischen Werden und Vergehen, zeichnet der Maler eine materialikonografische Verbindungslinie zu den kunst- und kulturhistorischen Vorbildern der niederländischen Stillebenmalerei wie auch der Motivsprache eines Vincent Van Goghs. Seine grundlegenden Untersuchungen am Material heben die Bedeutung der Vanitas im Gedenken an die Endlichkeit auf eine neue Dimension, indem die Zeichen der Vergänglichkeit in ein Durchbrechen der Traditionen münden, die sich in der ergebnisoffenen Experimentierfreude von Jens Rausch manifestiert.

Ina Jessen